Im frühen 19. Jahrhundert wurden in den Kirchenbüchern im Bistum Passau interessanterweise der Geburtsmodus und die betreuende Hebamme notiert. Diese Bücher sind online einsehbar und ich habe folgende kleine Statistik erstellt.
In den Jahren 1810-1814 gab es in der Gemeinde Kirn (heute zu Ering am Inn) insgesamt 100 Geburten, darunter eine Zwillingsgeburt. Die Geburten waren:
33 | natürlich leicht |
21 | leicht |
1 | leicht und schnell |
2 | nat. mittelmäßig |
1 | nat. mittelmäßig hart |
3 | mittelmäßig hart |
22 | nat. hart |
15 | hart |
1 | Instrumentalgeburt |
1 | unbekannt |
Es wird nicht erklärt, was mit den einzelnen Bezeichnungen gemeint ist. Vermutlich lag es auch im Ermessen der anzeigenden Hebamme, zu bewerten, ob eine Geburt hart oder leicht war. Ich gehe davon aus, dass der Zusatz "natürlich" bedeutet, dass es keine Instrumentalgeburt war. Dann waren 55 % der Geburten leicht und 38 % hart. (Ich zähle die Instrumentalgeburt zu den harten Geburten, da der Arzt sicher nicht gerufen worden wäre, wenn es keine Probleme gegeben hätte.)
Möglicherweise haben auch unterschiedliche Leute die Einträge in die Geburtenregister vorgenommen, und diese Leute hatten unterschiedliche Vorlieben, ob sie "natürlich" hinzufügten oder nicht. Jedenfalls tritt diese Bezeichnung in Clustern auf. D.h. eine zeitlang wird "natürlich" dazu geschreiben, dann folgen einige Geburten ohne diesen Zusatz, dann wieder mit etc.
Beteiligt waren 26 verschiedene Hebammen, die meisten davon ungeprüft. 3 Geburten waren ohne Hebamme. Bei zwei Geburten war ein Arzt anwesend. Bei manchen Hebammen liegt die Vermutung nahe, dass es einfach erfahrene Frauen aus der Verwandtschaft waren (z.B. bei gleichem Nachnamen mit der Gebährenden).
Name | Anzahl der betreuten Geburten | aktive Jahre im betrachteten Zeitraum | sonstige Informationen |
(unleserlich) Magdalena | 1 | 1814 | ungeprüft |
Ammer, Maria | 1 | 1812 | |
Bollhamer, Theres | 5 | 1810-1814 | ungeprüft, 47 Jahre |
Carosa | 2 | 1813 | Arzt |
Erde, Elis | 1 | 1814 | 36 Jahre |
Frisinger, Juliane | 1 | 1814 | geprüft, 54 Jahre, Luderin? |
Gerwaldner, Katharina |
1 | 1814 | ungeprüft, 48 Jahre |
Grier, Anna Maria | 1 | 1813 | Schuhmacherin in Kößlarn |
Hochrieder, Gertraud | 1 | 1812 | |
Huber, Anna | 10 | 1810-1814 | ungeprüft, 60 Jahre |
Kaspar, Apollonia | 1 | 1813 | |
Kirschmayr, Theres | 12 | 1810-11 | |
Klamer, Maria | 16 | 1810-1814 | ungeprüft, 54 Jahre |
Lechner, Ursula | 1 | 1814 | Schneiderin, 50 Jahre |
Mayrhofer, Katharina | 17 | 1812-1814 | geprüft, Schuhmacherin, 37 Jahre |
Pfaufenthaller, Anna Maria | 5 | 1812-14 | 38 Jahre |
Schlager, Theres | 1 | 1812 | |
Schusterb., Magdalena | 1 | 1813 | ungeprüft |
Seidlin, Katharina | 1 | 1813 | ungeprüft, 59 Jahre |
Söldner, Maria | 1 | 1814 | ungeprüft, 22 Jahre |
Speikner, Monika | 2 | 1811-12 | |
Spidler, Maria | 2 | 1810 | |
Stallinger, Theres | 1 | 1812 | |
Wagenhuber, Elis. | 1 | 1814 | ungeprüft, 36 Jahre |
Wiser, Magdalena | 3 | 1814 | ungeprüft, 45 Jahre |
Zennerin, Maria | 1 | 1814 | ungeprüft, 50 Jahre |
Zetlmeisl, Magdalena | 6 | 1810-1814 | |
unbekannt | 1 | 1810 | |
ohne Hebamme | 3 | 1810-11 |
Keine der Mütter starb bei der Geburt oder im Wochenbett; das habe ich in den Sterbematrikeln überprüft. 1 Kind starb während der Geburt, 2 gleich danach. 7 Kinder starben als Neugeborene (davon waren mind. 4 von Geburt an schwach oder krank; es ist außerdem davon auszugehen, dass die Kinder damals nicht gestillt wurden), 1 Kind starb mit 2 Monaten und 10 Tagen und war "nie ganz gesund" gewesen. Behinderungen sind nicht vermerkt. Bei insgesamt 30 Kindern findet sich ein "verstorben"-Vermerk beim Taufeintrag, d.h. sie erreichten vermutlich nicht das Erwachsenenalter.
Die drei bei der Geburt gestorbenen Kinder:
- Theresia Grieschneder, 15.11.1811, natürlich hart mit Anna Huber, Kind verstarb an den Folgen der harten Geburt.
- Notgetauftes Mädchen, 8.5.1813, hart mit Carosa (Arzt), Kind gleich nach der Geburt verstorben.
- Notgetaufter Junge, 12.5.1813, Instrumentalgeburt mit Carosa (Arzt), Kind während der Geburt verstorben.
Es fällt auf, dass bei beiden Geburten, bei denen der Arzt anwesend war, die Kinder gestorben sind. Der Arzt musste höchstwahrscheinlich aus dem Nachbarort geholt werden. Dieser ist 6,5 km entfernt. Das sind 1,5 Stunden Fußweg. Daher wird man den Arzt nur geholt haben, wenn wirklich Hilfe notwendig war. Möglicherweise wären auch noch die Mütter gestorben, wenn der Arzt nicht geholt worden wäre.