Familienleben einst & heute

"Wohlmeynender Rath für Aeltern" aus 300 Jahren Erziehungsratgebern und wie dieser sich bis heute auswirkt.

Wie eine Gesellschaft sich sieht, und was sie sich für ihre Mitglieder wünscht, lässt sich wunderbar daran nachverfolgen, was sie ihren Kindern beibringt. In der Grundschule sollen die Kinder neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch Grundlegendes über das (Zusammen-)leben lernen. Im folgenden sehen wir den Lernstoff für eine erste Klasse aus dem Jahr 1853. Die erste Klasse umfasst dabei zwei Schuljahre.

Der Lehrplan geht vom direkten Leben und Erleben der Kinder aus und erklärt ihnen erst mal ihr näheres Umfeld, um sich dann der weiteren Gesellschaft zu widmen. Natürlich spielt die Religion dabei eine starke Rolle. Sie wird als Wissen und als Basis für das geordnete Zusammenleben gelehrt.

Ein nicht näher beschriebener Dr Langsdorf schrieb 1798 auf einer Reise durch Portugal an den berühmten Geburtshelfer Friedrich Benjamin Osiander (1759-1822). Ein Jahr später veröffentlichte Osiander den Brief in seinem Buch Neue Denkwürdigkeiten für Aerzte und Geburtshelfer (S. 315 ff) mit einigen Anmerkungen versehen.

Der Brief gibt einen interessanten Einblick in die Unterschiede zwischen den Kulturen. Faszinierend ist beispielsweise, dass eine kniende Gebärposition von beiden Ärzten als bei unproblematischen Geburten unschädlich anerkannt wird, sie aber keine Folgen daraus ziehen. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, dass auch deutsche Frauen so gebären könnten. Osiander sucht regelrecht nach Gründen, diese Position abzulehnen.

Das Tragen von Kindern mit und ohne Hilfsmitteln war auch in deutschsprachigen Gegenden sehr verbreitet. Es wurde nur vom Kinderwagen verdrängt, weil es meist wesentlich weniger praktisch war als dieser.

Der folgende Text stammt aus Pflichten gegen Kinder von Dr. Thomas Joseph Lauda, 1855. Er zeigt uns, wie und warum getragen wurde. Die Nachteile werden so deutlich sichtbar.

*WARNUNG!* Die folgenden Beschreibungen sind sehr explizit und haben keinen guten Ausgang. Rassismus, Misshandlung und Vergewaltigung kommen auch vor.

Friedrich Benjamin Osiander (1759-1822) war ein deutscher Arzt und Geburtshelfer, der lange Jahre das Göttinger Entbindungshospital leitete. In seinem Buch Neue Denkwürdigkeiten für Aerzte und Geburtshelfer von 1799 beschreibt er zunächst ausführlich seinen Werdegang und listet dann 156 Grundsätze auf, die er für die Arbeit eines Geburtshelfers für wichtig erachtet. Zuletzt widmet er sich einigen Fallbeispielen und Erfahrungsberichten zu. Darunter befindet sich ein Geburtsbericht, den ich hier nacherzählen will.

Oktober ist Pregnancy and Infant Loss Awareness Month.

Auch in diesem Jahr möchte ich wieder einen Beitrag dazu leisten, verwaiste Eltern und ihre Kinder sichtbar zu machen. Der Tod ist in unserer Gesellschaft zum Tabu geworden. Der von Babys und Kindern ganz besonders. Aber es betrifft viele. Und diejenigen, die nicht selbst betroffen sind, wissen häufig nicht, wie sie reagieren sollen. Darum wurde der Oktober zum Pregnancy and Infant Loss Awareness Month bestimmt. Betroffenen Eltern soll gezeigt werden, dass sie nicht alleine sind, und anderen soll gezeigt werden, wie sie die Betroffenen unterstützen und ihnen respektvoll begegnen können.

Vor kurzem erschien ein Artikel in der Welt, der sich damit beschäftigte, wie schnell und mittlerweile häufig Memes, Links und Inhalte von rechten und christlich-konservativen Personen und Organisationen in den Social Media von BO- und AP-Accounts geteilt werden. Dieses Problem habe ich schon mehrfach thematisiert (z.B. hier und hier). Und auch erfolgreiche Autorinnen wie Nora Imlau (Link zu Twitter-Thread) und Susanne Mierau (Link zu Instagram-Post) werden nicht müde, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Der Artikel von Anne Dittmann ist absolut lesenswert, darum verlinke ich ihn hier: "Rechte Ideologien auf Instagram: Sie treffen Mütter da, wo es ihnen weh tut"

Doch ausnahmsweise will ich heute gar nicht weiter über dieses Thema schreiben. Es geht mir heute um etwas ganz anderes, was dieser Artikel mir nebenbei noch einmal vor Augen geführt hat: Wir haben in Deutschland ein Problem mit Expertise.

"Mehrere Frauen versicherten mich, weit ruhiger zu schlafen, wenn sie den Säugling an ihrer Seite fühlen, und nicht begreifen zu können, wie manche Mutter so ungeschickt sein kann, ihr Kind im Schlafe zu erdrücken.

Dr. Thomas Joseph Lauda erklärt uns, unter welchen Umständen das Baby sicher im Bett der Mutter schlafen kann. Seine Ausführungen sind erstaunlich ähnlich zu heutigen Empfehlungen. Darum vorweg erst mal die aktuellen Empfehlungen zum Co-Sleeping und Bed-Sharing des Schlaflabors der Universität Durham. Dieses wird geleitet von Professor Helen Ball.

Der Arzt Thomas Joseph Lauda war ein Verfechter des Co-Sleepings für Babys in den ersten Monaten. Nachdem Lauda in seiner Buch "Pflichten gegen Kinder" von 1855 über die Vorteile des Co-Sleepings referiert  und festgestellt hat, dass Babys ohne Co-Sleeping schlechter schlafen, widmet er sich den Gründen, warum es dennoch oft nicht statt findet. Er sieht die Hauptursache in unverständigen Hebammen und Ärzten und macht sich daran, deren Argumente zu widerlegen.

Kreszens Bräu war die Nachfolgerin der Ortshebamme Katharina Mayrhofer in Münchham (heute zu Ering am Inn, Niederbayern). Ihr Lebenslauf war jedoch ganz anders.

Kreszens Bräu wurde als Crescentia Desser am 21. Juli 1814 in Münchham geboren. Sie war das dritte von acht Kindern (sieben Töchter und ein Sohn) des Baders (Arztes) Johann Desser und seiner Frau Maria geb. Werndl, einer Müllertochter. Auch ihr Großvater war schon Bader in Münchham gewesen. Maria Desser ließ alle ihre Geburten von Katharina Mayrhofer begleiten.