Bemerkungen über Geburt und Wochenbett aus "Natürliche Geburtshülfe", Dr. Lukas Johann Boer, 1817, S.192ff.

I.

Es ist immer unangenehm, und zu Zeiten in der That von übler Bedeutung, wenn bey Schwangeren das Kindswasser vor der Zeit und schleichend abgeht.

II.

Es ist besser, daß das Wasser bey der Gebährung lange steht, als daß es frühzeitig ablaufe; und man fehlt, so lange keine sehr gefährliche Umstände eintreten, nicht so leicht dadurch, daß man die Häute nicht sprengt, als dadurch, daß man sie sprengt.

III.

Wenn die Wehen schwach und sehr selten sind; so werden sie meistentheils stärker, und kommen häufiger, wenn die Kreißende sich auf die Seite legt.

IV.

Die natürlichste und beste Entbindungsart ist, daß die Gebährende vollkommen zur linken Seite liege, den Hintern gegen den Rand des Bettes gekehrt, und die Knie gegen den Bauch gezogen.

V.

Da die Geburtslippen und das Mittelfleisch nicht unendlich ausdehnbar sind, und der Kopf des Kindes im Umfange oft größer ist, als der mögliche Umfang der äußerlichen weichen Geburtstheile; so müssen nothwendig zuweilen Einrisse in diese Theile geschehen. Oft aber liegt die Ursache solcher Zerreißungen in der Ungestümheit der Gebährenden, in der Heftigkeit, mit welcher sie die Wehen verarbeitet, oder in der Art, wie sie bey der Geburt bedienet wird.

VI.

Bey Personen, welche ein wohlgetragenes zeitiges Kind gebähren, ein tiefes gewölbtes Heiligenbein und einen breiten Damm haben, ist meistentheils einige Zerreißung des Mittelfleisches unvermeidlich.

VII.

Eine gute Lage hilft zur Vermeidung eines Risses in das Mittelfleisch; eine üble Lage befördert die Zerreißung. Hauptsache aber, um eine Zerreißung zu verhüten, besteht darin, daß man die letztern Geburtswehen gehörig zu mäßigen wisse.

VIII.

Wenn bey einer Kindbetterinn die Brüste sich nicht mit Milch füllen wollen; so schlage man ihr gewärmte Tücher über, und lasse sie die meiste Zeit auf der Seite liegen.

IX.

Wenn einer Kindbetterinn, welche nicht stillt, die Brüste sehr anschwellen, und die Milch nicht ausfließt, so reibe man ihr öfters die Warzen mit einem in Thee oder warmes Wasser getauchten Finger; oder besser, sie reibe sich dieselben selbst mit ihrem Speichel, halte sich die Brust warm, liege meistens auf der Seite, und die Milch wird ausfließen.

X.

Von allen innerlichen Arzneyen hilft keine so mächtig wider die Entzündung der Brüste von zu vieler und zäher Milch, als der Salpeter. Er muß aber bey Neuentbundenen in mäßiger Dosis gegeben werden.

XI.

Je eher Kinder nach der Geburt an die Brust gelegt werden, desto besser ist es für Mutter und Kind. Denn ist schon Milch in den Brüsten, so zieht das Kind sie aus, ehe die Brüste noch zu sehr davon anschwellen; dem Kinde dient dieß zur gesundheit, und die Mutter empfindet eine Wohlthat dabey. Ist noch keine Milch eingelaufen, so geschieht es auf den angenehmen Reiz vom Saugen. Auf solche Art wird die Milch allmählig weggetrunken, oder läuft zum Theil aus, und die Mutter bleibt Schmerzen- und Fieberfrei.

XII.

Neugeborne Kinder, wenn sie viel medizinirt werden, bekommen meistentheils Schwämmchen im Munde. Selten aber werden sie damit befallen, wenn man ihnen wenig innerliche Arzneyen gibt.

"Aphorismen vermischten Inhalts", Teil 2
"Aphorismen vermischten Inhalts", Teil 3

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