Die folgenden Beikostempfehlungen stammen aus dem Buch "Säuglings- und Kleinkinderpflege in Frage und Antwort - Eine Vorbereitung zur Prüfung als staatlich anerkannte Säuglings- und Kleinkinderpflegerin" von Dr. med. Erich Krasemann, Kinderarzt in Rostock, 10.-13. verbesserte Auflage, Georg Thieme Verlag, Leipzig, 1929.

256. Bis zu welchem Lebensalter kann man dem Kinde die Brust reichen?

Man kann das Kind bis weit ins 2. Lebensjahr mit Muttermilch ernähren, Muß aber vom 6. bis 7. Monat Beinahrung geben (s. später).

257. Wann wird gewöhnlich abgestillt?

Im. 8.-9. Monat.

258. In welcher Jahreszeit darf nicht abgestillt werden?

In den heißen Sommermonaten, da die künstliche Nahrung gerade in dieser Zeit große Gefahren mit sich bringt.

259. Soll das Abstillen plötzlich oder langsam geschehen?

Ganz allmählich.

260. Wie geht man beim Abstillen vor?

Es wird nach und nach eine Brustmahlzeit um die andere durch künstliche Nahrung ersetzt. Muß aus irgendwelchen Gründen in den ersten Lebensmonaten des Kindes abgestillt werden, so ersetzt man zunächst eine Brustmahlzeit durch die Flasche, deren Inhalt sich nach Alter und Gewicht des Kindes richtet (wie bei der Zwiemilchernährung). Nach einigen Tagen wird wieder eine Flasche für eine Brustmahlzeit eingeschoben usw. Geschieht das Abstillen nach dem 6. Monat (Entwöhnung), so wird zuerst statt der Mittagsbrustmahlzeit eine mit Biullon gekochte gut entfettete Grießsuppe gegeben, oder auch Brei, dann auch 1-2 Teelöffel Gemüse. Nach einiger Zeit, ein zweites Mal Brei am Abend und etwas Obstsaft, auch Zwieback oder Keks. Nach 2-3 Wochen wird eine dritte Brustmahlzeit durch Flaschenmilch ersetzt (und zwar 2/3 Milch). Schließlich bekommt das Kind auch statt der letzten beiden Brustmahlzeiten die Flasche.

261. Wieviel Milch darf das Kind am Ende des ersten Jahres bekommen?

3/4 l Milch.

262. Warum soll das Kind vom 6.-8. Monat an Gemüse essen?

Um Blutarmut und englischer Krankheit vorzubeugen, denn das Gemüse enthält Mineralsalze (Eisen, Kalk, Phosphor), die der Milch größtenteils fehlen.

263. Welche Gemüsearten kommen hauptsächlich in Frage?

Spinat, Blumenkohl, Spargelspitzen, Mohrrüben, Kartoffeln in Form von Brei.

264. Was muß man bei der Darreichung von Gemüse beachten?

Daß das Gemüsewasser nicht fortgegossen, sondern mitgegessen wird, da in ihm ein Teil der wirksamsten Stoffe steckt.

265. Sollen Fleisch und Eier im ersten Lebensjahre gegeben werden?

Nein. Sie haben in diesem Alter noch wenig Wert.

"Englische Krankheit" ist eine andere Bezeichnung für Rachitis.

Der nächste Ausschnitt stammt aus dem Kapitel zur "künstlichen Ernährung", also der Ernährung ohne Muttermilch.

359a. Was sind Kindermehle?

Kindermehle sind leicht verdauliche Mehle, deren Nährwert zum Teil durch Zusätze gesteigert ist.

359b. Was halten Sie von Kindermehlen und ähnlichen Präparaten?

Sie sind für die Ernährung des gesunden Säuglings überflüssig und sollten nur auf ärztliche Anordnung gegeben werden. Auf keinen Fall sind sie ein Ersatz der Muttermilch.

359c. Kennen Sie einige Kindermehlpräparate?

Es gibt milchfreie und milchhaltige. Milchfrei: Kufeke, Knorr, Theinhardt (milchfrei). Milchhaltig: Nestle, Rademann, Theinhardt (milchhaltig).
Milchfrei sind auch die natürlichen Mehle (Hafer, Gerste usw.).

360. Wann muß das Flaschenkind Beikost haben?

Mit Beginn des 2. Lebenshalbjahres.

361. Wie geht man dabei vor?

Man ersetzt zunächst eine Flaschenmahlzeit durch einen ziemlilch dünnen Brei, der allmählich dicker gekocht wird. Nach einiger Zeit eine 2. Breimahlzeit statt einer Flasche. Auch Gemüse soll bald gegeben werden. Ebenso Zwieback, Keks, Fruchtsaft und geschabtes Obst.

362. Was bemerkt man nach Gemüsedarreichung im Stuhl?

Daß das Gemüse oft in seiner natürlichen Farbe wiedererscheint. Das ist harmlos.

363. Woran liegt es, daß Säuglinge feste Nahrung verweigern?

Die Kinder bekommen zuviel Flüssigkeit (besonders zuviel Milch) oder die Beikost wird zu heiß verabreicht. Häufig spielt mangelnde Konsequenz der Mutter eine Rolle (Erziehung zur festen Kost).

364. Speisezettel des Kindes gegen Ende des 1. Lebensjahres (nach der Entwöhnung):

I. Morgens: 150g Milch + 50g Schleim mit Zucker.
II. Vormittags: Dasselbe mit eingeweichtem Zwieback, dazu roher Fruchtsaft oder Bananenmus, geschabter Apfel oder dergl.
III. Mittags: Grünes Gemüse und Kartoffelmus mit etwas Butter und Salz, dazu rohes Obstmus.
IV. Nachmittags wie II.
V. Abends: Grießbrei aus halb Milch, halb Wasser mit Butter, Salz, Zucker und Fruchtsaft