Wie eine Gesellschaft sich sieht, und was sie sich für ihre Mitglieder wünscht, lässt sich wunderbar daran nachverfolgen, was sie ihren Kindern beibringt. In der Grundschule sollen die Kinder neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch Grundlegendes über das (Zusammen-)leben lernen. Im folgenden sehen wir den Lernstoff für eine erste Klasse aus dem Jahr 1853. Die erste Klasse umfasst dabei zwei Schuljahre.

Der Lehrplan geht vom direkten Leben und Erleben der Kinder aus und erklärt ihnen erst mal ihr näheres Umfeld, um sich dann der weiteren Gesellschaft zu widmen. Natürlich spielt die Religion dabei eine starke Rolle. Sie wird als Wissen und als Basis für das geordnete Zusammenleben gelehrt.

Lehrbuch für Erziehung und Unterricht: zunächst für Schulseminaristen, Lehrer und Erzieher. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. Im Verlag des Taubstummeninstituts zu Bamberg, 1853, S.240ff:

I. Klasse.

A. Erstes Schulhalbjahr

Anschaungsunterricht.

A. Katechetische Entwicklung des Begriffes "Haus".

Die Gegenstände a) an der Außenseite des Hauses, b) im Innern des Hauses und c) die Baumaterialien werden von den Kindern aufgesucht und genannt.

Nun wird schon der Rechenunterricht von dem Anschauungsunterrichte ausgeschieden und gesöndert gegeben.

Rechenunterricht.

Nachdem die Zahlenbegriffe von 1-10 am Bilde eines Hauses, an geometrischen Figuren, oder durch Striche, Punkte oder schattirte und nicht schattirte Fenster, also nicht am todten Hersagen von Zahlen, sondern im Zählen von Gegenständen gehörig eingeübt worden sind, entwickelt sich der Unterricht weiter:

  1. Uebung der zwei Grundrechnungsarten, indem man der Ordnung nach innerhalb der Zahlenräume von 1 - 10 zu- und dann abzählen läßt; z.B.1+1=2; 2+1=3; etc. 2 - 1 = 1; 3 - 1 = 2 etc.
  2. Verbindung des Zu- und Abzählens: z. B. 10 - 2 = 8; denn 2 + 8 = 10.
  3. Kenntniß des Dekaden-Systems; vorläufige Begriffe von Einern und Zehnern – Zigen.

B. Katechetischer Unterricht über die Bewohner des Hauses.

Durch diesen Unterricht soll das Kind angehalten werden, einen Blick in sein Inneres zu thun, und sich mit den Bedingungen, unter welchen das Familienleben gedeiht, bekannt zu machen. Diese Unterredungen geben Veranlassung, die Vorbegriffe für den Religionsunterricht mitzutheilen; endlich knüpft sich an diesen Abschnitt auch der Schreibleseunterricht.

  1. Aufzählung der Bewohner im Hause – der Familienmitglieder, Verwandten, Dienstboten. Es halten sich auch im Zimmer, dann im Hofe etc. nützliche und schädliche Thiere auf, zahme und wilde.
  2. Beschreibung der Haupttheile des menschlichen Körpers: Kopf, Rumpf, Gliedmaßen, hier nur in allgemeinen Zügen mit Einschaltung der Fragen, wozu wir Augen, Hände etc. brauchen. Durch die Thätigkeit der Menschen und Thiere wird zur Uebung des Zeitwortes Veranlassung gegeben. Dazwischen werden Erzählungen über den Werth der gesunden Glieder eingestreut.
  3. Unterredung über die Sprache, einen theils äußeren, theils inneren Vorzug des Menschen.
    a) Das Thier kann, Singvögel abgerechnet, nur einen Ton von sich geben und dieser ist eine wilde und widerliche Stimme; die Stimme des Menschen dagegen ist mannigfaltig: er kann reden, lachen, singen, weinen, mit der Stimme fallen und steigen, oder in demselben Ton verschiedene Wörter sprechen – und weiß, was sie bedeuten. b) Der Mensch kann sagen, was er wünscht, will, was er gesehen, gehört hat, was er denkt, fühlt und thut.
  4. Geistige Vorzüge des Menschen vor dem Thiere zur Entwicklung der Begriffe: Recht, Unrecht, Schuld, Strafe, Verdienst und Belohnung.
    a) Der Mensch kann denken, verstehen, was recht und nicht recht ist, d. h. er hat Verstand; nicht so das Thier.
    b) Der Mensch hat wie das Thier Neigungen und Begierden zum Essen, Trinken, Spielen etc.; das Thier kann seine Begierde nicht beherrschen, der Mensch kann und soll sie beherrschen – die Katze nascht, das Kind kann es unterlassen, d. h. der Mensch kann das Gute wollen, ausüben oder nicht – er hat freien Willen.
    Alles werde durch Erzählungen, Geschichten und Beispiele erläutert!
  5. Das Zusammenleben der Menschen im Hause, woraus sich die Begriffe: Verträglichkeit, Gehorsam etc. entwickeln.
    a) Der Mensch kann nicht für sich allein leben; das Zusammenleben der Menschen bedingt aber ein Vertragen unter sich: Kinder sollen also mit Geschwistern, Dienstboten, Hausgenossen und Mitschülern verträglich sein.
    b) Die Familie kann nicht bestehen, wenn Jeder im Hause befehlen, Keiner gehorchen will; nur Aeltern können da befehlen, alle Anderen müssen gehorchen.

C. Unterredung über die Bedürfnisse der Familie.

a) Angabe der Bedürfnisse: 1) Wohnung; Vorsicht mit Feuer. 2) Hausgeräthe; Alles an seinen Ort. 3) Kleidung; ist reinlich zu halten. 4) Nahrung; sei mäßig. Benennung der Früchte im Hausgarten: Obst, Gemüse, Blumen etc.

b) Unantastbarkeit des Eigenthums Anderer. Nicht einmal aus Neugierde oder Naschhaftigkeit darf man einen Schrank öffnen. Begriffe von Eigenthum, von Mein und Dein. "Alles, was du willst, daß man dir nicht thue, thue auch Anderen nicht". c) Für alle Bedürfnisse der Familie sorgen die Aeltern, daher die Pflichten gegen die Aeltern: Dankbarkeit, Gehorsam, Liebe, Vertrauen.

d) Wenn aber der Vater und kein Mensch helfen kann, so kann ein unsichtbarer Vater im Himmelhelfen. Diesen wollen wir kennenlernen.

Der Schreibleseunterricht.

Die verschiedenen Lesemethoden können auf die synthetische und analytische zurückgeführt werden.

a) Zu der synthetischen Leseform gehören die Verbal-, Buchstabir- und Syllabirmethode, welche mühevoll und quälend für Lehrer und Kinder, deshalb verwerflich sind; dann die Lautirmethode. Diese beruht auf dem Erfahrungssatze, daß man gewisse Organe (die Luftröhre mit dem Kehlkopfe und der Stimmritze, die Lip pen, Zähne, Zunge, Gaumen und Nase) braucht, um die sämmtlichen Buchstaben hervorzubringen. An die Erklärung dieser Sprachwerkzeuge reiht man das Einüben der Buchstaben und die Verbindung der Grund- und Hauptlaute nach der Hand- und Wandfibel. Dann folgen ein-, zwei- und mehrsilbige Wörter, die Dehnungs- und Schärfungszeichen, Silben mit 2, 3 und mehreren Mitlauten am Anfange oder am Ende oder an beiden Stellen zugleich; dann Uebung im Silbenabtheilen, Bekanntmachen mit den Unterscheidungszeichen; endlich Erwerbung der Lesefertigkeit. An vielen Orten bedient man sich auch eines sogenannten Lesekastens und des taktmäßigen Zusammenlesens. Es herrscht noch viel Mechanismus in dieser Lesemethode, indem die Kinder oft ein halbes Jahr lang mit sinnlosen Silben, mu, mo, ma, etc. gequält werden.

b) Die analytische Methode, oder der Schreibleseunterricht nach den Mundstellungen, wird von Vielen die Graserische genannt; allein Franz Xaver Hofmann, geboren 1742, ein ausgezeichneter Lehrer zu München, hatte schon im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die Kinder das Lesen durch die Mundstellungen gelehrt und 1780 eine kleine Schrift über seine Lesemethode heraus gegeben. Graser gebührt indessen das Verdienst, mit dieser Lesemethode den Schreibunterricht verbunden zu haben. Das Wesentliche der analytischen Methode, welche auch die Verstandesthätigkeit des Kindes in Anspruch nimmt, besteht im Folgenden:

  1. Es gehen Vorübungen im Anschauen, Urtheilen, im Sprechen, wie schon oben gezeigt, voraus; denn die Sprachorgane, Händefertigkeit und Auffassungskraftmüssen vorher geübt werden. 
  2. Der Uebergang vom Anschauungs- zum Schreibleseunterricht ist Seite 243. Ziff. 3. b. angegeben worden. Es gibt eine Sprache für das Ohr – Laut-, Tonsprache, und für das Gesicht – Zeichen-, Geberden-, Mienen-, Bildersprache: ich kann also meine Gedanken durch Laute oder Zeichen ausdrücken.
  3. Die Zeichen für einen Begriff kann ich auch auf das Papier geben und so einem Abwesenden meine Gedanken mittheilen.
  4. Wenn man aber für jedes Wort ein eigenes Zeichen brauchen wollte, so würde das Lesen außerordentlich erschwert; mit etlichen 20 Zeichen kann man aber alle Worte schreiben und lesen. 
  5. Nach der analytischen Methode sollen die Buchstaben keine willkührlichen Zeichen, sondern Abbildungen des sprechenden Mundes sein. 
  6. Diese Methode bedingt eine eigene Elementarschrift, ähnlich der einfachen, eckigen, lateinischen Schrift. Sie wird von Kindern leicht aufgefaßt und geschrieben, hat große Aehnlichkeit mit der Druckschrift, erleichtert also den Uebergang zum Drucklesen und ist eine gute Vorübung zum Schreiben der Currentschrift. Alle Buchstaben dieser Schrift lassen sich von zwei Zeichen: 1 und 0 ableiten.
  7. Schreiben und Lesen wird zugleich gelernt, denn das Schreiben ist zugleich Lesen.
  8. Das Kind soll die Schrift als Ersatz der mündlichen Rede auffassen, spricht daher Sätze, welche in Wörter zerlegt werden. Bei der Auflösung der Wörter in ihre Bestandtheile wird weder lautirt noch buchstabirt; es wird für die Mitlaute der Buchstabenname anfangs nicht angegeben. Nur Ton und Zeichen werden kennen gelernt, der Name derselben erst später. Hinsichtlich des methodischen Verfahrens verweisen wir auf Offingers Schreibleseunterricht, 2te Auflage, Bamberg 1852.
B. Zweites Schulhalbjahr.

A. Anschauungsunterricht, an welchen sichder Religionsunterricht knüpft.

Den Stoff auf dieser Stufe für den Anschauungsunterricht finden wir im Gemeindeleben, welches dem Kinde in der Wirklichkeit nicht fremd ist, und die Grundlage für das Gemeindeleben bildet der Unterricht über das Familienleben, denn die Gemeinde ist nur eine vervielfältigte Familie. 

  1. Der Lehrer läßt unter seiner Leitung den Grundriß des Pfarrdorfes entwerfen, indem er nach dem Stande der Sonne die vier Himmelsgegenden aufsucht, vom Schulhause ausgeht und nach und nach die verschiedenen Häuser, dann die Straßen, den Bach, die Stege und Brücken, die nächste Umgebung des Dorfes: Felder, Wiesen, Wälder, Ebenen, Thäler, Berge, bemerkbar macht und die Begriffe von Eigenthum, Markstein, Felddieberei etc. entwickelt.
  2. Das schönste und größte Gebäude im Dorfe ist die Kirche. Beschreibung der Außenseite: Thurm, Thurmuhr, Glocken etc. und wozu diese Gegenstände bestimmt sind; Beschreibung der inneren Einrichtung: Langhaus, Seitengänge, Chor, Altäre, Predigtstuhl, Taufstein etc.
  3. Was in der Kirche geschieht, wird den Kindern und zwar anfangs nur, wie die Handlungen in die Anschauung fallen, erzählt; man ermahnt sie, wie man sich in diesem Heiligthume betragen soll. 
  4. In der Kirche wirkt der Pfarrer, Seelsorger. Pflichten gegen denselben: Achtung, Liebe, Dankbarkeit, Gehorsam.

B. Religionsunterricht

a) Nach dem Katechismus. Hier muß auf das von der geistlichen Obrigkeit bestimmte Lehrbuch hingewiesen werden. Nur hüte sich der Lehrer, durch das Sezirmesser einer künstlichen Katechese und chemische Zersetzung des Stoffes den Verstand der Kinder zu verwirren, dagegen Gemüth und Willen brach liegen zu lassen.

b) Biblische Geschichte.

Der Gang der geschichtlichen Erzählungen für die Eintrittsklasse wäre nach Gruber nachstehender:

  1. Gott hat die Welt und Alles gemacht: er ist allmächtig
  2. Aus der Erzählung vom Paradiese ergeben sich die Wohlthaten Gottes: er ist gütig.
  3. Gott hat den Stammältern ein Gesetz gegeben: wir sollen ihm gehorchen.
  4. Beide sündigten; sie konnten sich nicht verbergen: Gott ist allgegenwärtig
  5. Gott strafte den Ungehorsam der ersten Menschen: er ist gerecht.
  6. Die ersten Menschen waren wegen der Sünde unfähig, selig zu werden; so auch ihre Nachkommenschaft – Erbsünde. Gott versprach einen Erlöser.
  7. Der Erlöser ist uns geboren worden: es gibt drei Personen in der Gottheit.
  8. Der Erlöser wird bekannt den Hirten auf dem Felde, Simon und Anna im Tempel und den drei Weisen, die aus dem Morgenlande kamen: der Erlöser ist für alle Menschen erschienen. Flucht nach Aegypten: Vorsehung Gottes.
  9. Jesus tritt als zwölfjähriger Knabe im Tempel auf, den Kindern ein Beispiel zur Nachahmung zu geben, auf daß sie, wie an Jahren, so an Gnade und Weisheit bei Gott und den Menschen zunehmen.

C. Sprache

Zur praktischen Einübung der Regeln der deutschen Sprache, sowie zur Erwerbung des Sprach-Reichthums an Wörtern und Ausdrücken werden hier die Sprechübungen fortgesetzt, welche sich freilich in stets gesteigertem Maße durch die ganze Schulzeit ziehen und auf alle Unterrichtsdisciplinen angewendet werden müssen. Dem Vor- und Nachsprechen von Sätzen auf der ersten Stufe folgt das Nachsprechen von Erzählungen, dann Versuche im selbstständigen Erzählen angeschauter Ereignisse, z. B. einer Kirchenfeier, oder Beschreibung genau bekannter Dinge.

Fortsetzung des Schreibens und Lesens. Der eigentlicheSprach unterricht nimmt schon mit dem Schreibleseunterricht seinen Anfang.

  1. Mit den ersten Schreibleseübungen, die mit leichten einsilbigen Wörtern beginnen, werden die Grund- und Mitlaute, gedehnte und geschärfte Aussprache unterschieden.
  2. Der Leseunterricht schreitet zu zwei- und mehrsilbigen Wörtern in kurzen, nach und nach sich erweiternden Sätzen fort, wobei die Rechtschreibübung überall geeignete Berücksichtigung findet. 
  3. Es wird auf ganz einfache Weise vorläufig auf die Namen der Dinge als Hauptwörter aufmerksam gemacht; ebenso, daß die Wörter, die zusammen einen vollständigen Sinn ausdrücken, einen Satz ausmachen.

D. Rechnen.

Das Rechnen ist anfangs noch nicht in Kopf- und Tafelrechnen getrennt; die Veranschaulichungsmittel werden noch benützt, an ihre Stelle treten später die Ziffern.

  1. Uebung. Das Zählen von 1- 20, dann bis 100 wird fortgesetzt und zur Anbahnung der Subtraktion auch rückwärts gezählt, dabei die Ausfüllung der Zige durch Einer berücksichtiget.
  2. Uebung. Addition und Subtraktion von 1 - 20, dann der reinen Zige zwischen 20 und 100, endlich der ausgefüllten Zige. Bei der Subtraktion wird noch nicht entlehnt.
  3. Uebung. Kenntniß der Ziffern als Zahlenzeichen z. B. | = 1 ; || = 2; ||| = 3 etc. 

Der Schulplan von 1804 verlangt auf dieser Stufe leichte Beispiele von Zusammenzählen und Abziehen auf der Tafel; anfangs von reinen Zigen, dann leichten doppelstelligen Zahlen – Es versteht sich von selbst, daß nicht nur einzelne Schüler des Curses, sondern Alle Fertigkeit und Gewandtheit innerhalb dieser Rechenaufgaben erlangen sollen.

E. Weltkunde.

Vorläufige Entwicklung des Gemeindesinnes.

Durch die oben gegebene Beschreibung des Gemeindebezirkes ist der Grundriß des Pfarrdorfes gegeben. In der Familie wirkt das Band der Liebe, im öffentlichen Leben das Band des Gesetzes. Es fragt sich nun, unter welchen Bedingungen können die Menschen im Dorfe ein gutes Leben führen?

  1. Gemeindeverhältnisse. a) Die Mitglieder in der Gemeinde sollen sich gegenseitig unterstützen, wenn Noth und Gefahr droht, z. B. bei Krankheiten, Feuersgefahr etc.
    b) Alle sollen zu dem gemeinsamen Wohle beitragen, z. B. Wegmachen, Unterstützung der Armen.
    c) Wie Aeltern Sorge für die Familienmitglieder tragen, so müssen auch in der Gemeinde einzelne Männer (Gemeinde-Vorstand, Gemeinde-Ausschuß), für Sicherheit der Person und des Eigenthums, für Löschgeräthe, Strassen, Stege, Sicherheit auf dem Flure Vorsorge treffen, Streitigkeiten schlichten. Jedes Gemeindeglied soll ihre Anordnungen befolgen, durch bereitwillige Hand- und Spannfrohn und Beiträge zur Bestreitung der Gemeindeauslagen mitwirken. Alles dies ist durch Erzählungen einleuchtend darzustellen.
    d) Die Männer des Gemeinde-Ausschusses müssen lesen, schreiben und rechnen können. – Bedeutung der Schule.
    Betragen der Schüler gegen den Lehrer, unter sich, in und außer der Schule: Du sollst gegen Erwachsene in der Gemeinde und gegen Fremde, die dahin kommen, höflich, freundlich sein; du darfst alte, kranke oder arme Leute nicht verspotten; du darfst Niemand in seinem Hause oder auf dem Felde einen Schaden zufügen; du solst das Gefundene dem Eigenthümer zurückgeben etc.
  2. Naturkunde mit Landwirthschaft, Gewerb-Kunde. a) Die Bewohner eines Dorfes ernähren sich theils von der Landwirthschaft, theils von Gewerben. Allgemeine Angabe, womit sich die Land- und Gewerbsleute, die sich im Dorfe vorfinden, beschäftigen.
    b) Thiere, welche auf der Gemeindeflur leben; Gegenstände aus dem Pflanzen- und Steinreiche, welche in dem Familienleben nicht vorkommen, wohl aber im Gemeindebezirk, werden einfach aufgesucht und genannt; auch kann zur Unterhaltung der Nutzen und Schaden der Thiere und Pflanzen angegeben werden.
    c) Wenn der Bauer Früchte bauen will, so ist Sonnenschein und Regen nothwendig. Andere Natur-Erscheinungen, wie Nebel im Frühjahr und Herbste, Hagel, Thau im Sommer, Reif und Schnee im Winter lehre man die Kinder mittels der Anschauung. Mäßiger Regen und mäßige Hitze ist nützlich; zu viel schadet, ebenso Früh- oder Spätfröste.
  3. Menschenlehre. Einfache Beschreibung der sichtbaren Theile des Kopfes und Schilderungen der fünf Sinne mit Hinweisung auf die Weisheit und Güte Gottes.
  4. Geschichte beschränkt sich auf erfreuliche oder traurige Ereignisse, die sich in der Gemeinde zugetragen haben, z. B. fruchtbare oder Mißjahre, Krankheiten, Ueberschwemmungen etc. und auf Handlungen guter Menschen, die sich um die Gemeinde verdient gemacht haben zur Nachahmung, böser Menschen zum abschreckenden Beispiele.
C. Zweites Schuljahr.

A. Religion.

a) Nach dem kleinen Katechismus: fortgesetzte Entwicklung der Religionslehren.

b) Biblische Geschichte: Die Erläuterung der biblischen Geschichte (über die Lehren und Thaten Jesu) und die Entwicklung der daraus hervorgehenden Religionswahrheiten werden nach Gruber fortgesetzt.

aa) Der lehrende und wunderthätige Heiland.

  1. Jesus wird am Jordan getauft und zeigt seine wunderthätige Macht. Hochzeit zu Cana. Anregung der Ehrfurcht gegen den Heiland. 
  2. Die Lehre Jesu von der Liebe gegen Gott; Gott gibt uns Alles, was wir bedürfen, wenn wir fromm sind und ihn darum bitten.
  3. Jesu Lehre von der Liebe gegen den Nächsten. Der Samaritan; die Vermehrung des Brodes.
  4. Die Unsterblichkeit der Seele, Auferstehung des Leibes, begründet durch die Auferweckung eines zwölfjährigen Mädchens, des einzigen Sohnes einer Wittwe und des Lazarus.

bb) Der für die Sünden der Menschen leidende Heiland.

  1. Einleitung zu dem Erlösungstode. Um seine hl. Lehre zu verbreiten, wählte sich Jesus 12 Apostel und 72 Jünger; diesen sagte er seine Leiden voraus; Einzug in Jerusalem.
  2. Anfang des Leidens Jesu. Abendmahl; Judas der Verräther, Blutschweiß am Oelberg; Gefangennehmung.
  3. Fortsetzung: Jesus betheuert vor dem hohen Rathe, daß er der Sohn Gottes ist; Jesus wird verspottet; von Petrus verläugnet; von Pilatus als unschuldig erklärt, aber doch zur Geißlung und zum Tode verurtheilt.
  4. Maria und Johannes folgen ihm; Tod; allgemeine Finsterniß; Begräbniß Jesu; ein römischer Soldat durchbohrt ihm das Herz; der Leichnam wird von frommen Männern begraben, von Soldaten bewacht.

cc) Der glorreiche Heiland.

  1. Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn.
  2. Sendung des hl. Geistes; die Kirche Jesu.
  3. u. 21. Wiederholung und Fortsetzung des Unterrichts in Verbindung mit dem apostolischen Glaubensbekenntnisse.
  1. Wiederholung des Unterrichts über die Gebote der Liebe; Erklärung des Gebetes des Herrn und des englischen Grußes.
  2. Nochmalige zusammengedrängte Wiederholung des Unterrichts.

Man halte diesen Unterricht für kleine Kinder von 6 - 8 Jahren nicht zu schwer; es kommt viel auf das methodische Verfahren an. Spricht ja der Herr: Ich danke dir Vater! daß du dieses vor den Weisen und Klugen verborgen, den Kleinen aber geoffenbart hast.

B. Sprache.

Hier werden die Schreib- und Lese-Uebungen der Iten Abtheilung fortgesetzt und erweitert, und der einfache nackte Satz kommt zur Betrachtung, Belehrung und Uebung.

  1. Der Satz besteht aus Wörtern und Silben; daher:
    a) Gesteigerte Uebung im Zerlegen der Wörter in ihre Bestandtheile nach Sprech- und nach Sprachsilben (vergleiche Offinger's Schreib-Leseunterricht 2te Auflage, Seite 85 und 96); dabei Unterscheidung der Haupt- und Nebensilben und Einübung der Schreibart der so oft wiederkehrenden Vor- und Nachsilben (Seite 128).
    b) Vorläufige Kenntniß vom Haupt- (S. 99 u. 103), Geschlechts- (S.99u.106), Eigenschafts- (S. 112), Zeit- (S. 119) und Personenworte (S. 120.); Einheits- und Mehrheitsform der Hauptwörter (S. 98); Steigerung der Eigenschaftswörter (S. 115); Verbindung der Personenwörter mit Zeitwörtern (S. 120); die Hauptzeiten durch das Zeitwort ausgedrückt (S. 121); That- und Leideform des Zeitwortes (S.126).
  2. Bilden einfacher nackter Sätze (S. 82.) über Gegenstände aus dem Anschauungskreise der Kinder, z. B. anzugeben: wie und was die Dinge sind, was sie thun oder leiden (S. 103 u. 155); z. B. Gott ist ein Geist; Gott liebt die Menschen; Gott wird von den Menschen geliebt. 
  3. Dergleichen Sätze von der Einheit in die Mehrzahl (157.) oder von dieser in jene übertragen; Sätze nach den 3 Hauptzeiten darstellen (S. 161); dieselben als Angabe, Frage, als Wunsch oder Befehl ausdrücken (S. 114 und 182); dabei Hinweisung auf die treffenden Interpunktionszeichen.
  4. Fortsetzung und Steigerung der Sprechübungen; Vorerzähltes wird nacherzählt. Das Lesen wird hier an zusammenhängenden Lesestücken, Erzählungen etc, mit Unterscheidung der Tonstärke der Hauptsilben, mit Sinken des Tones beim Punkte, geübt und zuweilen Zergliederung des Lesestoffes in sprachlicher Hinsicht vorgenommen.

C. Rechnen.

Mündlich: Fortgesetzte Uebungen im Zählen von 1-100 vor- und rückwärts mit Ueberspringen; das Addiren und Subtrahiren von Zigen und zweistelligen Zahlen; Kenntniß der gangbarsten Münzen, Maße und Gewichte, Vorbegriffe des Einmaleins.

Schriftlich: Addiren von leichten doppelstelligen Zahlen; Subtrahiren von Zigen und zweistelligen, in beiden Fällen mit leichten benannten Zahlen, z.B. Gulden u. Kr.

D. Weltkunde.

  1. Geographie. a) Man geht vom Wohnorte aus und sucht nach den Himmelsgegenden die nächstgelegenen, dann entfernteren Ortschaften mit Angabe der Entfernungen auf. Vom Sitze des Gerichtsbezirkes aus werden Strassen, Eisenbahnen, der Lauf der Bäche oder Flüsse, Stege, Brücken u. dgl. auf der Karte gesucht und dann zu dem Aufsuchen der Hügel oder Berge übergegangen.
    b) Im Gerichtsbezirke leben sehr viele Menschen. Wie in der Gemeinde der Pfarrer für das geistliche Wohl, und der Ausschuß für die Gemeindebedürfnisse sorgt; so muß auch im Gerichtsbezirke eine geistliche und weltliche Obrigkeit bestehen. Der Landrichter sorgt für die weltlichen, der Dekan für die geistlichen Angelegenheiten, der Distriktsinspektor für die Schulbildung, der Gerichtsarzt für die Gesundheits-Verhältnisse.
    c) In jedem Gerichtsbezirke besteht ein Distriktsrath, dessen Mitglieder von den Gemeinden gewählt werden. Er tritt jährlich unter Vorsitz des Gerichts-Vorstandes zusammen, um sich über die Angelegenheiten, Wohlfahrt und Ausgaben für den Bezirk zu berathen. So nimmt auch der gewöhnliche Landmann an den öffentlichen Angelegenheiten Antheil.
    d) Die Obrigkeit sorgt für die Sicherheit der Person und des Eigenthums, schlichtet Streitigkeiten, wacht über Verkehr, Gewerbe, und über das allgemeine Wohl der Unterthanen, zu welchem Zwecke sie gemeinnützige Anordnungen bestimmt und ausführt. Selbst die Hausthiere, gewöhnlich die Nahrungsquelle vieler Bewohner, werden von der Obrigkeit gegen Seuchen geschützt, schlechte gefährliche Menschen gestraft oder unschädlich gemacht.
    Schon daraus entwickelt sich der Gemeinde- und Unterthanensinn und die Pflichten gegen die Obrigkeit: Gehorsam, Dankbarkeit etc. Dasselbe wiederholt sich (§ 146. S. 206) auf der Stufe des Vaterlandes. Wer sich gegen die Obrigkeit versündiget, versündiget sich gegen Gott.
    e) Wie in der Gemeinde die Familien, so sollen im Gerichtsbezirke die Gemeinden in Noth und Gefahr sich gegenseitig unterstützen.
  2. Naturkunde mit Landwirthschaft und Gewerbkunde. Die Einwohner des Gerichtsbezirks ernähren sich gewöhnlich von Gewerben und Landwirthschaft. Angabe der vorzüglichsten Gewerbe. Der Gewerbsmann setzt seine Industrie-Erzeugnisse an den Landmann und dieser seine Naturerzeugnisse an Gewerbs- und andere Leute ab. Handel und Verkehr.
    Naturgeschichte. Im Gerichtsbezirke kommen in der Regel dieselben Naturerzeugnisse, wie im Gemeindebezirke vor. Wir finden also die Steigerung in der Klassifikation der 3 Reiche überhaupt (vergl. § 148.) Seite 207. unten Anmerkung). *)
    Naturlehre. Wiederholung der Naturerscheinungen, aber nur wie sie die Kinder in der Anschauung auffassen können. (vergl. Seite 252c.) Dann Wirkungen des Lichtes, der Wärme und der Kälte.
  3. Menschenlehre. Einfache Schilderung des Kopfes, des Rumpfes und der Gliedermaßen; Gesundheitsregeln. (Material gibt § 18.). Weitere Belehrung über die fünf Sinne; Uebung und Stärkung derselben. (Stoff ist Seite 49 u. 50 gegeben, ist jedoch für Kinder zu bearbeiten.)
  4. Geschichte. Auch hier läßt sich wenig bestimmen, indem es dem Lehrer gewöhnlich an Quellen zu einer Geschichte fehlt, wenn nicht allenfalls Dekane oder Distriktsinspektoren Stoff dazu finden.