Wir alle kennen stereotype Darstellungen von Familienmitgliedern - sowohl als Vorurteil als auch in Geschichten. Da ist die Schwiegermutter, die ein Hausdrache ist. Da gibt es den Vater, der unter dem Pantoffel seiner zweiten Frau steht, welche natürlich eine böse Stiefmutter ist. Die leibliche Mutter ist geradezu eine Heilige - ein unerreichbares Ideal - und in Märchen meistens tot. Die Kinder sind entweder arm dran oder unausstehliche Rotzlöffel. Aber was ist eigentlich mit der Tante?

Als ich neulich den Beitrag "Alte Jungfer" veröffentlichte, in dem der katholische Pfarrer Anton Heinen jungen Frauen ins Gewissen redet, dass sie auch unverheiratet ein erfülltes Leben haben können, bekam ich auf Patreon dazu diese Rückmeldung:

"Wenn du zum Thema "alte Jungfern"/unverheiratete Tanten als Säuglingspflegerinnen ein Special machen würdest, würde ich vermutlich direkt in die Luft hüpfen vor Freude."

Und da mir die Wünsche meiner Patrons Befehl sind, wollen wir uns heute damit befassen, wie die unverheiratete Tante in der Realität und in der Fiktion am Leben der Kinder beteiligt war. 

Für das Leben auf dem Land galt oft, dass unverheiratete Tanten auf dem Hof ihrere Geburt als Mägde blieben. Im Sinne von "man kann nicht nicht erziehen" hatten sie schon durch ihre Anwesenheit einen Einfluss auf die Kinder. Doch wir wollen uns mit jenen Tanten beschäftigen, deren Einfluss über dies hinaus ging.

Tanten aus dem wahren Leben

Wollen wir uns zunächst ein paar historische Beispiele anschauen.

Der Schriftsteller Adolf Wilbrandt schrieb 1890 eine Biographie über den Dichter und Schriftsteller Fritz Reuter, in dessen Leben eine unverheiratete Tante eine wichtige Rolle spielte.

"Fritz Reuter wuchs im Elternhause mit seiner Schwester Lisette und zwei Vettern (Ernst und August) auf; eine unverheiratete Schwester der Mutter, Tante Christiane, half das Hauswesen leiten und die Kinder erziehen."

Friedrich Hölderin, Fritz Reuter. Zwei Biographien, Adolf Wilbrandt, 1890, S.51

In einer Fußnote erwähnt der Literarhistoriker Heinrich Düntzer eine alleinerziehende unverheiratete Tante.

"Die Braut hieß eigentlich Elisabeth Bethmann, und war das einzige Kind eines sehr reichen Mannes in Bordeaux. Als ganz junges Mädchen war sie nach dem Tode ihrer Mutter nach Frankfurt zu einer unverheirateten Tante, Christiane Barbara Metzler, gekommen. Der Vater gab die Heirat nur unter der Bedingung zu, daß Metzler den Namen "Metzler-Bethmann" annehme."

Frauenbilder aus Goethe's Jugendzeit. Studien zum Leben des Dichters.Heinrich Düntzer, 1852, S. 143

Liselotte von der Pfalz, eine Schwägerin König Ludwigs des XIV., kam im Alter von sieben Jahren zu ihrer Tante Sophie von der Pfalz, die zwar verheiratet war, aber aufgrund der besonderen Beziehung der beiden hier dennoch erwähnt werden soll.

"Elisabeth Charlotte, Pfalzgräfin, Herzogin von Orleans, ist am 27. Mai 1652 geboren. Ihr Vater war Karl Ludwig, Kurfürst Karl Ludwig, Kurfürst von der Pfalz, ihre Mutter Charlotte, eine hessische Prinzessin. Die Ehe der Eltern war nicht glücklich, wurde nach kurzer Zeit aufgelöst und nun vermählte sich der Kurfürst mit dem schönen Kammerfräulein Luise v. Degenfeld, welcher er den Titel einer Raugräfin ertheilte. Während dieser Vorgänge wurde die junge E. Ch. nach Hannover geschickt, um dort bei ihrer Tante, der trefflichen und geistvollen Kurfürstin Sophie, ihre erste Erziehung zu empfangen. Der Aufenthalt in Hannover war eine sehr glückliche Zeit für die Prinzessin. Denn sie erhielt dort in der Person des Fräuleins v. Offeln, der späteren Frau v. Harling, nicht allein eine sehr tüchtige Erzieherin, sondern sie schloß auch mit ihrer Tante Sophie, zunächst in der Form kindlicher Liebe, jene innige Verbindung, die fast der hellste Punkt, die reinste Freude in ihrem Leben werden sollte."

Allgemeine Deutsche Biographie. Sechster Band. Verlag von Duncker & Humblot, 1877, S. 28

Doch nicht nur bei berühmten und wohlhabenden Leuten kam es vor, dass die Tante die Erziehung übernahm. Im Handbuch der Württembergischen Ehe-Gesetze finden wir einen Bericht über eine unverheiratete Tante, die für das uneheliche Kind ihrer Schwester die Mutter wurde, und letztlich den Vater des Kindes heiratete.

"Bald nach der Geburt eines Kindes hatte 1834 die Mutter ihren Bräutigam und Vater ihres Kindes aufgegeben, ihr Kind verlassen und seit 4 Jahren an einen Auswärtigen sich verheirathet, in dessen Hause das Kind nicht existiren konnte. Die Schwester dieser Mutter - die Tante des Kindes - hatte sich inzwischen des verlassenen Geschöpfes mütterlich angenommen und die ganze Liebe des Kindes gewonnen, das indessen schulpflichtig geworden. Der Vater hatte indessen das Meisterrecht erworben und wollte nun seine illegitime Schwägerin heirathen. Vom k Jz.M. kam ein abschlägiger Bescheid. Auf eine zweite Eingabe wurde der Bittsteller auf die Verabschiedung des Ges. 1. Mai 1855. Art. 4. verwiesen. Im März 1855 bat der standhafte Bräutigam zum dritten Mal, worauf eine k. Bewilligung erfolgte."

Handbuch der Württembergischen Ehe-Gesetze nach dem potestantischen und katholischen Recht, G. A. Süskind, G. Werner, 1856, S. 85

Tanten in der Fiktion

Im Gegensatz zu den Schwieger-, Stief- und leiblichen Müttern kommt der Tante häufig eine sehr realistische Rolle zu. Sie ist nicht eindimensional, sondern sie ist ein vielschichtiger Mensch mit einem guten Herzen und einer Hintergrundgeschichte. Allein dadurch, dass es für die Geschichte notwendig wird zu erklären, warum die Tante unverheiratet ist und womit sie sich beschäftigt, wenn nicht mit Haushalt und Kindern, ist es Autor'innen nahezu unmöglich gewesen, sie so stereotyp darzustellen, wie andere Frauen. In der folgenden Erzählung sehen wir ein sehr schönes Beispiel dafür, welches gleichzeitig den Pantoffelhelden-Vater und die böse Stiefmutter enthält.

"Wir müssen hinzufügen, daß Maximilian, ein Kind aus der ersten Ehe, eine Stiefmutter hatte, die nur ein Herz für ihre eigenen vier Kinder, aber keineswegs auch für den schwächlichen Stiefsohn bewies, den sie in ihrer lieblosen Gemeinheit fast nie anders, als den "faulen und stützigen Dickschädel" nannte. Diese nervöse Frau hatte in ihren häufigen Zornerregungen gleichfalls die eben so unvernünftige als herzlose Gewohnheit, den Knaben oft wegen einer Kleinigkeit vor den Kopf zu schlagen, hat also in Folge dessen dem oben erwähnten Uebel heillos vorgearbeitet.

Der solcher Art meist über alles Verschulden abgestrafte Knabe hatte Niemanden andern hiernieden, dem er sein Leid und seine Noth klagen konnte, als eine überaus gemüthvolle Tante, die schon etwas betagte, unverheiratete Schwester seiner seligen Mutter, zu der er auch oftmals, wenn er sich so recht trostlos fühlte, seine Zuflucht nahm.

Diese Tante, Namens Caroline, war noch vor vier Jahren Klavierlehrerin und Concertgeberin, setzte sich aber dann, nachdem sie sich ein kleines Vermögen erworben hatte, in Ruhestand und lebte in ihrer Zurückgezogenheit zufriegen und vergüngt.

Ihre stille Einsamkeit wurde nur dann getrübt, wenn der liebe Neffe als Kläger zu ihr kam, und in Folge der harten Behandlung seiner Stiefmutter sein schwer bedrängtes Herz vor ihr ausschüttete. Um das dornenvolle Loos ihres Lieblings zu verbessern, nahm die gute Tante wohl öfter Rücksprache mit ihrem Schwager, denn mit seiner zornsüchtigen Gemahlin war sie schon seit lange ganz zerfallen; allein wir haben oben gesehen, wie schief der Vater seinen Sohn beurtheilte, und wie unvernünftig streng er ihn mit Kopfschlägen bestrafte.

Als nun Maximilian in Folge dieser Mißhandlung, wie gesagt, in eine schwere, langwierige Krankheit verfiel, verlangte die Tante, daß der leidende Knabe, den sie dogleich mit der mütterlichsten Theilnahme besuchte, entweder in das Krankenhaus gebracht, oder ihr zur Pflege übergeben werde, wobei sie sich bereit erklärte, in dem einen wie in dem andern Falle alle Kosten, sollten sie sich auch noch so hoch belaufen, tragen zu wollen.

Ihr Schwager schien geneigt, den hochherzigen Antrag anzunehmen, seine stolze Gemahlin aber, welche das Scepter im Hause führte, nahm den Antrag als eine schwere, boshafte Beleidigung hin, und brach in ihrer Gereiztheit in die schwarzgalligen Worte aus: "Fräulein Caroline! wie es scheint, halten Sie mich für eine Rabenmutter, und zeigen große Lust, mich vor allen unseren Verwandten und Bekannten mit Schande brandmarken zu wollen. Ich sage Ihnen aber, daß ich den kranken Buben, der ohnedieß nur durch Ihren Einfluß so geistesträg und stützig ist, nie und nimmer in Ihre weichlichen, verzärtelnden Hände geben werde, weil Sie ihn endlich ganz verderben würden. Und überhaupt verbiete ich Ihnen heut' ein für allemal: Je wieder über unsere Schwelle zu treten, und sich ferner in unsere Familienangelegenheiten einzumengen. Ich kenn selbst meine Mutterpflicht, und werde sie zu erfüllen wissen, wenn auch Max mein Stiefkind ist, und leider aus der Art geschlagen und unverbesserlich erscheint!"

Nach diesem zornschäumenden Erguß faßte die Wüthende ihren schwachen Mann fest am Arme, zog ihn unter leuchtenden Blicken mit sich fort in das Nebenzimmer, und gab da ihrem Ingrimm damit den lautesten Nachdruck, daß sie die Thüre hinter sich mit einer solchen Gewalt zuschlug, daß das Haus in seiner Grundfeste erschüttert wurde.

Dieser heftige Auftritt ereignete sich im vorigen Herbste; seitdem ist bis zum Beginne unserer Erzählung mehr als ein halbes Jahr verflossen. Wohl hat sich die sich inzwischen die gute Tante vom Hause ihres Schwagers fern gehalten, darum aber keineswegs alle Fäden abgeschnitten, welche ihr Herz mit dem kranken Sohne ihrer seligen Schwester in zartester Weise verband. Sie erkundigte sich zeitweilig über seinen Zustand und seine fortschreitende Besserung bei dem Doktor, der ihn behandelte und wartete auch einige Male unter dem Thore des Hauses, wo ihr Schwager wohnte, um traute Rücksprache mit ihm zu nehmen. Sie war ja nicht auch mit ihm zerfallen, wie mit der bösen Stiefmutter und Tyrannin ihres armen Neffen und gab sich alle erdenkliche Mühe, den Vater milder zu stimmen, um wo möglich wohlthätig auf eine bessere Behandlung seines Sohnes einzuwirken.

Als dieser endlich wieder genas - aber immer noch merkliche Nachwehen in einer eigenthümlichen Kopfschwäche verspürte, und dessen ungeachtet in die Unter-Realschule geschickt wurde, wartete die Tante öfter auf dem Wege, den Maximilian dahin nehmen mußte. Wenn sie nun mit ihm zusammen kam, tröstets sie ihn mit mütterlicher Herzlichkeit, wenn er über dieß oder jenes klagte, ermunterte ihn zu Eifer und Fleiß in seinen Studien, und drückte ihm zum Abschiede fast immer einige Groschen in die Hand, wohlbewußt, daß er von Seite seiner Stiefmutter auch mancherlei Entbehrung zu leiden habe."

Lebensbilder in Licht und Schatten. Moralische Erzählungen und Legenden für die katholische Jugend. Josef Moshamer, 1866

Doch selbst, wenn die Tante nur kurz erwähnt wird, ist sie diejenige, die Initiative ergreift und sich aktiv in das Leben eines Kindes einbringt.

"Ida, die Tochter des Ministers, fünf Jahre jünger als ihr Bruder, war ihres Vaters Stolz. Sie hatte noch in der Wiege ihre Mutter verloren, doch eine unverheirathete Tante hatte sich mit ihrer Bildung beschäftiget, und mit so glücklichem Erfolg, daß Ida als Jungfrau für ein Muster ihres Geschlechts gehalten ward. Die Natur war ausgezeichnet freigiebig gegen sie gewesen, aber so reizend ihr Körper, so liebenswürdig war ihr Geist."

"Der graue Mann", in: Päonien. Eine Sammlung von Erzählungen, Mährchen, Sagen und Legenden, Gottfried Peter Rauschnick, 1820

Die Freunde Woldemar und Henriette unterhalten sich über das Heiraten. Henriette plant, später mal eine ledige Tante zu werden. Und nicht nur irgendeine, sondern eine so vortreffliche, dass sie in Zukunft ein Vorbild für alle unverheirateten Tanten werde.

"Man bedenkt, man erwägt nicht genug," fuhr sie lächelnd fort, "welche nützliche Sache in einer großen Familie, ja im Staat, eine ledige Tante ist. Sie hat alles Gute und nichts von dem Bösen einer milden Stiftung. Daß die mehrsten langweilig, verdrießlich, zänkisch, lästig, unerträglich sind, ist die Schuld der Person, nicht des Berufs. Dieser ehrwürdige Beruf und Stand soll durch mich einmal ein Muster bekommen; ich will - was noch keiner Tante eingefallen ist - den Tanten zum Exempel leben."

Friedrich Heinrich Jacobi's Ausgewählte Werke. Erster Band, 1854

Tanten in Sachtexten

Dass unverheiratete Tanten für Familien und letztlich für den Staat sehr nützlich seien, findet nicht nur Henriette. Der Mediziner Max von Gruber wettert 1914 gegen Geburtenrückgänge im Deutschen Reich. Dadurch würden nämlich nicht nur unterbeschäftigte Ehefrauen aus Langeweile auf den Arbeitsmarkt drängen und den Männern die Jobs wegnehmen. Sondern auch noch die unverheirateten Tanten, die ebenfalls nichts anderes mehr zu tun hätten.

"Umgekehrt treibt die Kleinheit der Familie die Frau aus dem Hause und zur Beschäftigung mit Aufgaben der Männer. Sie flieht mit Recht dem Müssiggang. Ein einziges Kind und ein zweites nach jahrelanger Pause gewähren keine ausreichende Beschäftigung; umsoweniger als eine vernünftige Mutter bald einsieht, dass das Kind unbedingt Gespielen braucht und in den Kindergarten oder Hort gesendet werden muss, damit es Gespielen, Kameraden finde, die die verkümmerte Familie selbst nicht liefern will. Auch die erwachsene Tochter, die unverheiratet gebliebene Tante finden im kinderleeren Hause keine Gelegenheit mehr zu nützlicher und beglückender Tätigkeit. So schliesst sich wieder ein Ring der verängnisvollen Kette!"

Ursachen und Bekämpfung des Geburtenrückgangs im Deutschen Reich, Professor Dr. Max von Gruber, 1914

Auch in Ratgebern wurde mitunter die ledige Tante erwähnt. In diesem Beispiel geht es um die Kinder aus wohlhabendem Hause, wo die Eltern finanziell die Wahl haben, jemanden für die Erziehung der Kinder einzustellen. Verwandte Frauen seien dafür besser geeignet als Angestellte, finden die Autoren.

"Am besten wäre es zwar immer, wenn statt eines Lehrers oder einer Erzieherin, die Tante oder die ältere Schwester, am allerbesten aber, wenn die Mutter selbst nachfolgende und ähnliche Beschäftigungen mit den 3-6jährigen Kindern vornehmen würde. Die Mutter sollte dieses um so eher selbst thun, da es viel mehr kindlichen Sinn erfordert, mit einem Kinde zweckmäßig zu tändeln, zweckmäßig zu spielen und ihm kleine Geschichtchen zu erzählen, als es förmlich zu unterrichten."

Das goldene Familienbuch. oder Der köstliche Hausschatz für jede Haus- und Landwirthschaft und für Jedermann, August Schröter (Hrsg.), 1866, S.440

In den USA gab es schon viel früher Zeitschriften über die Kindererziehung und das Familienleben als in Europa. "Haus und Herd" war eine solche Zeitschrift, die in New York in deutscher Sprache herausgegeben wurde. Auch in Sachen Selbstverwirklichung waren sie hier weiter. Ein Artikel aus dem Jahr 1888 stellt (ähnlich wie Anton Heinen 1914) fest, dass die "alte Jungfer" zwar keinen guten Ruf genieße, dies aber nicht gleichbedeutend sei mit unverheirateten Frauen an sich. Dass eine Familienzeitschrift sich in dieser Zeit für unverheiratete Frauen und deren Wahlfreiheit stark macht, ist schon beeindruckend.

"Hat nicht jede Person das Recht im ledigen Stande zu bleiben, ohne irgend Jemand, als ihrem Schöpfer, dafür verantwortlich zu sein? (…)

Eine Jungfrau, die aus Gründen des Herzens, oder aus sonstiger Veranlassung, sich entschließt, keine Ehe einzugehen, verdient weit mehr Achtung, und wird auch ein zufriedeneres Leben haben, als eine Person, die nur um bloßer Convenz oder um Geldes willen heirathet. (…)

Wie manche ledig gebliebene Tante ist ein wahrer Engel im Haus, die segnend mithilft in der Erziehung und Pflege der Kinder, in Krankheiten helfend und tröstend zur Seite steht, und deßhalb von den Hausgenossen mit Pietät und Liebe behandelt wird. Wenn man denn hie und da auch eine grillenhafte Jungfer trifft, so bedenke man, daß es auch manche verheirathete Xantippen gibt. Seitdem die Ansichten über die Erziehung und die Stellung der Frauen solchen Umschwung erlitten haben, und die vielen Erwerbszweige ihnen offen stehen, bietet der ledige Stand mehr Gelegenheit zur freien selbstständigen Bewegung, und darum wird auch die Zahl der ledigen Frauenzimmer immer größer."

aus: "Alte Jungfern" in Haus und Herd, Eine illustrierte Monatsschrift für die Familie, 16. Jahrgang, New York, 1888, S. 316ff

Fazit

Das Bild der mürrischen alten Jungfer geisterte zwar irgendwo in den Hinterköpfen herum, aber sie war nie so eine starke Stereotype wie die anderer Familienmitglieder. Die engagierte ledige Tante mit ihren vielfältigen Lebensentwürfen hat dafür gesorgt. Sie war ein verlässliches Familienmitglied, das unterschiedlich stark in die Leben der Kinder involviert war, von seltenen Besuchen bis zu alleiniger Übernahme der elterlichen Pflichten. Für Kinder ist es immer von Vorteil, wenn sie mehrere erwachsene Bezugspersonen in ihrem Leben haben, und eine Tante, die die Kinder aufrichtig liebt, ist eine Bereicherung für sie. Offensichtlich gab und gibt es davon viele.