Als Eltern macht man sich ja so allerlei Gedanken und Sorgen. Das war wohl schon immer so und wird immer so sein. Aber habt ihr schon mal über folgende Dinge nachgedacht?

1. Die Ernährungsweise der Kuh, aus deren Milch der Muttermilchersatz hergestellt wird

Ist es gleich, ob die Kühe trocken oder feucht gefüttert werden?
Trockenfütterung ist vorzuziehen, doch nicht unbedingt notwendig. Nur der plötzliche Übergang von trockner zur nassen Fütterung wird von den Säuglingen manchmal schlecht vertragen.

Ist es besser, Milch von einer Kuh zu nehmen, oder eine Mischmilch von mehreren Kühen?
Wird die eine Kuh sorgfältig gehalten, fortlaufend tierärztlich untersucht, sauber gemolken und die Milch richtig aufbewahrt und sauber geliefert, ist diese Milch vorzuziehen. Andernfalls Mischmilch.

Säuglings- und Kleinkinderpflege in Frage und Antwort, Dr. med. Erich Krasemann, 1929

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2. Welche Charaktereigenschaften das Kind mit der Milch einsaugt

Man hat sich wiederholt Überlegungen hingegeben, ob nicht durch die Ammenmilch - merkwürdigerweise hat man dabei die Tiermilch außer acht gelassen - psychische Eigenschaften einer Amme auf das von ihr genährte Kind übertragen werden können. Derartige Spekulationen bedürfen keiner Widerlegung, sie beweisen nur, wie sehr man den psychischen Einfluß der Amme auf das Kind unterschätzt. Schon im ersten Lebensjahre empfängt das Kind eine große Zahl von Eindrücken, welche bei dem frühzeitig sich entwickelnden Nachahmungstrieb zur Entwicklung bestimmter psychischer Eigenart führen. Schon das Lachen des Säuglings ist eine Imitation des Lachens der Amme oder der Pflegerin; das Mienenspiel des Kindes steht unter dem direkten Einfluß des Vorbildes der es umgebenden Persönlichkeiten.

Der Arzt als Erzieher des Kindes, Prof. Adalbert Czerny, 1946

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3. Dass eine wütende Amme das Kind einfach stillt

Es ist mir aber selbst auch ein Fall vorgekommen, wo eine Amme, die wegen ihrer schlechten Aufführung plötzlich aus dem Dienst entlassen werden sollte, in dem heftigsten Zorn, um sich an ihrer Herrschaft zu rächen, dem Kinde die Brust gab. Das zuvor völlig gesunde Kind wurde von den heftigsten Zuckungen (Gefraisch, Fraisen, in Niedersachsen Scheuerchen) befallen, und konnte nur mit Mühe gerettet werden.

Taschenbuch für Mütter, Adolph Henke, 1832

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4. Ob der Kinderwagen in eurer Stadt verboten ist

Hat man einen Kinderwagen, so soll derselbe, wenn das Kind noch zart ist, nicht von roher Hand über das spitze, holperige Steinpflaster der Straße geschoben werden, da diese Erschütterung, trotz des Polizeiverbots in gewissen Städten, welches die Kinderwagen vom Trottoir verbannt, nachtheilig ist. Die Federwagen mäßigen zwar dieselbe, doch soll die Wärterin stets ebene Wege suchen und auf Pflaster langsam fahren.

Die Mutter, Dr. med. Hermann Klencke, 1875

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5. Welche Veranstaltungen eine Schwangere schicklicherweise besuchen darf

Indessen ist es immer sehr zu empfehlen, daß jede Schwangere einerseits ihre Phantasie zu beherrschen suche, und die unnöthige Furcht vor Spinnen, oder anderen Thieren, vor Gespenstern, Krüppeln und ungestalteten Menschen ablege, auf der andern Seite aber auch die Gelegenheiten, wo ihre Einbildungskraft heftig erschüttert werden kann, vermeide. Das Zugegenseyn bei öffentlichen Aufzügen und Scenen der Art (Hinrichtungen, Thierhetzen, Trauerspiele, manche Opern, u.s.f.), ist daher eben so unanständig als gefährlich. Es kommt dazu die Gefahr, im Gedränge beschädigt zu werden, oder die durch viele Menschen verdorbene Luft einathmen zu müssen, wie z.B. in sehr mit Menschen angefüllten Schauspielhäusern und Kirchen.

Taschenbuch für Mütter, Adolph Henke, 1832

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6. Ob langes Schlafen dumm macht

Es ist ein sonderbares Vorurtheil mancher Eltern, daß sie glauben, ein Kind könne zu viel schlafen, oder wohl gar sich dumm schlafen, daher denn manche auch so weit gehen, die armen Geschöpfe in ihrem süßesten Schlummer zu unterbrechen, und ihnen die Zeit dazu, nach selbst erdachten Regeln, aber nicht nach dem Willen der Natur, zuzumessen.

Guter Rath an Mütter, Christoph Wilhelm Hufeland, 1830

Mehr über den Babyschlaf: Seit wann müssen Kinder schlafen lernen?

7. Ob das Benutzen einer Wiege dumm macht

Man hat gewaltig gegen das Wiegen geschrieen, und versichert, daß es die Kinder dumm mache, - ohnerachtet eben diese gewiegten Kinder es sind, die so scharfsinnig dagegen declamiren und dadurch, wenigstens für ihre Person, die beste Widerlegung geben -; von der andern Seite hat man das Wiegen als die unschädlichste Sache dargestellt. Wem soll man nun glauben? Mich dünkt, man ging, wie gewöhnlich, auf beiden Seiten zu weit. Ein heftiges Wiegen muß durchaus schaden, es kann allerdings die Nerven und den Kopf schwächen, und leicht mechanische Verletzungen des Körpers veranlassen; ein mäßiges Wiegen hingegen scheint mir die unschuldigste und zweckmäßigste Bewegung für die erste Lebensperiode zu seyn. Nur entsteht hierbei ein anderer Nachtheil, daß die Kinder sich zuletzt so daran gewöhnen, daß sie beständig gewiegt seyn wollen, und dieses fast unaufhörliche Wiegen auch wieder nachtheilig wird.

Guter Rath an Mütter, Christoph Wilhelm Hufeland, 1830

Mehr Ansichten über die Wiege: Streitfall Wiege

8. Dass ein Krabbelkind niemals laufen lernen will

Das Kriechen, die natürliche Vorschule des Gehens, wird nur zu häufig dem Kinde nicht gestattet, obwohl es zu seiner geistigen Ausbildung mächtig beiträgt.

Die Seele des Kindes, William Preyer, 1895

Mehr über Lauflernhilfen, die erfunden wurden, um das Krabbeln zu verhindern: Gegen den Gehfrei!

Welche ungewöhnlichen Sorgen und Bedenken kennt Ihr? Schreibt mir in den Kommentaren!

Eure Karin

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