„Intelligenz kann man von einer Amme nicht erwarten, denn die intelligenten Mädchen kommen nicht in die Situation, Ammen zu werden.“

„Der Arzt als Erzieher des Kindes“, Prof. Adalbert Czerny, 1908

Was für ein hierarchisches und frauenverachtendes Weltbild sich doch hinter dieser Aussage verbirgt!

Vieles, was wir heute über Kindesentwicklung wissen, haben wir durch Beobachtung gelernt. Doch der Weg zu unserem heutigen Wissen war alles andere als geradlinig. Vor allem waren die Deutungen unserer Beobachtungen immer auch geprägt von Zeitgeist, Vorwissen und nicht zuletzt Vorurteilen. Hier einige Beispiele für falsche Interpretationen.

"Die Stillende muß sich nun in der zweiten Hälfte des Wochenbettes daran gewöhnen, ihre häuslichen Geschäfte mit den Pflichten gegen das Kind zu vereinen, was meist ganz gut gelingt, wenn der Haushalt nicht zu groß und das Dienstpersonal nicht zu klein ist."

Das Buch von der gesunden und kranken Frau, Dr. Ernst Kormann, 1883

Aus dem kleinen, hilflosen Wesen, das die Nähe der Mutter braucht, wurde ein Quälgeist, der stört. Was hat sich geändert? Sicher nicht die Bedürfnisse der Kinder. Sicher nicht die Art, wie sie diese Bedürfnisse kund tun. Sehr wohl aber das, was von ihnen erwartet wird. Sie sollen alleine schlafen und das klappt nicht gut, da es nicht ihrer Natur entspricht. Doch die Kinder wieder ins Elternbett zu holen, würde einen Rückschritt darstellen und man müsste sich eingestehen, dass man sich geirrt hat, die Kinder ausquartieren zu wollen. Zum Glück verbreitet sich diese Einsicht, dass das Ausquartieren ein Irrtum war, heutzutage immer mehr.

Mumps ist eine der Krankheiten, die man seinen Kindern samt Komplikationen und Spätfolgen heute ersparen kann. Hier ein paar Texte aus der Zeit als es diese Möglichkeit noch nicht gab. Besonders fällt mir auf, wie gering die Schmerzen beurteilt werden. Ich hatte Mumps, und die Schmerzen waren die Hölle.

Die meisten Ammen im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Deutschland waren Angestellte in einem Privathaushalt. Sie kamen meist aus den niederen Ständen. Ihre Lebensumstände waren schwierig, da sie meist ledige Mütter waren. Die Herrschaften nahmen das Kind der Amme meist nicht mit in den Haushalt auf, daher wurde es von anderen Verwandten versorgt oder in Pflege gegeben. Man war der Meinung, dass die Milch der Amme nur zu dem zu stillenden Kind passte, wenn ihr eigenes höchstens sechs Wochen älter war, als das ihr anvertraute. Dementsprechend musste das Ammenkind seiner Mutter entbehren während es selbst noch von der Muttermilch abhängig war. Das Ammenkind wurde daher mit minderwertigem Ersatz ernährt. Die Folgen waren entsprechend verheerend.

Im frühen 19. Jahrhundert wurden in den Kirchenbüchern im Bistum Passau interessanterweise der Geburtsmodus und die betreuende Hebamme notiert. Diese Bücher sind online einsehbar und ich habe folgende kleine Statistik erstellt.
In den Jahren 1810-1814 gab es in der Gemeinde Kirn (heute zu Ering am Inn) insgesamt 100 Geburten, darunter eine Zwillingsgeburt. Die Geburten waren:

Stillen in der Öffentlichkeit aus der Sicht des Kindes 1905:

"So, da wären wir jetzt auf dem Lande. Der Wechsel hat mich so überrascht, und da gab es so viel Neues, daß ich volle zwei Monate lang nicht an mein Tagebuch gekommen bin. Um hierher zu gelangen, das war eine komplizierte Geschichte. Zuerst trug man mich die Treppe hinunter. Vor der Haustür hielt einer der lustigen Wagen mit dem Hottogaul, die mir immer so viel Spaß machten wenn ich sie vom Fenster aus auf- und abrollen sah. In diesen Wagen sind wir gestiegen: ich, Mama und Papa.

Kleidung der Hausammen im Dresdner Städtischen Säuglingsheim, aus "Der Säugling - seine Ernährung und seine Pflege", Walther Kaupe, 1907

Viele Frauen befinden sich nie besser, als wenn sie stillen, sie sehen während dieser Zeit wohler aus, sind lebhafter, heitrer, aufgemunterter, alle Formen ihres Körpers bekommen eine schöne Rundung, und ihre Wangen schmückt das schönste Roth! Und was soll ich nun noch von der wahren Mutterfreude sagen? Wie soll ich die Gefühle einer Mutter schildern, die dem Kind ihres Herzens die eigene Brust, diese Quelle des Lebens, reicht!