Familienleben einst & heute

"Wohlmeynender Rath für Aeltern" aus 300 Jahren Erziehungsratgebern und wie dieser sich bis heute auswirkt.

"Affenliebe" war ein weit verbreiteter Begriff für Verhätscheln und Versorgen von Kindern, das als übermäßig angesehen wurde. Eltern, die ihr Kind nach Strich und Faden "verwöhnten", überschütten es mit "Affenliebe". Sie ging über das eh schon verpönte "Verwöhnen" hinaus, indem "verwöhnen" - also das Gewöhnen an etwas falsches oder gar schädliches - in einzelnen Punkten und auch unabsichtlich geschehen konnte. Hinter der "Affenliebe" jedoch steckte eine Absicht der Eltern. 

Prügel, Schläge, Klappse - körperliche Gewalt wird seit Ewigkeiten dazu benutzt, um Kindern ein bestimmtes Verhalten aufzuzwingen oder abzugewöhnen. Wie ein Kind richtig zu strafen sei, wurde in vielen Ratgebern aufgegriffen. Daher ist es besonders erbaulich, wenn wir uns vor Augen führen, dass es zu jeder Zeit Eltern gegeben hat, die von dieser Art zu strafen nichts hielten.

In den Kirchenbüchern des Bistums Passau wurden im 19. Jahrhundert die betreuenden Hebammen bei den Geburten notiert. Ich habe diese Daten schon einmal für eine kleine Geburtenstatistik für das Örtchen Kirn für die Jahre 1810-1814 genutzt. Die Daten bieten eine Fülle an Möglichkeiten der Auswertung. Heute habe ich mir eine der Hebammen aus der genannten Statistik vorgenommen und versucht, ihren Lebensweg nachzuverfolgen.

Teil 4 - "Die Mutter und ihr erstes Kind" und andere Nachkriegsratgeber

Stell dir vor, es ist 1987, Du suchst nach einem Buch über Säuglingspflege und hältst in der Buchhandlung einen Ratgeber in der Hand, der modern aufgemacht ist und auf dem Titel wirbt mit "Über 1 Million verkaufte Exemplare". Würdest Du auf den Gedanken kommen, dass knapp 3/4 dieser Auflagenhöhe vor 1945 erschienen ist?

Teil 3 - Der NS-Staat und seine Erziehungspropaganda

Als ich 2007 anfing, mich konkret damit zu beschäftigen, wo die ganzen abstrusen Säuglingspflege-Regeln her kommen, die mir als Stillberaterin begegneten, las ich natürlich auch das Buch von Sigrid Chamberlain über Johanna Haarer. "Prima," dachte ich, "da steht ja alles drin, was ich über Johanna Haarer wissen muss. Dann kann ich mich ja auf andere Zeiten und andere Werke konzentrieren."

Alle Säuglingspflegebücher aus der NS-Zeit, die mir in die Finger gerieten, schienen im Vergleich mit Chamberlains Beschreibung genauso schlimm zu sein, wie das von Johanna Haarer. Mir wurde schnell klar, dass ihr Buch nur eines von vielen war. Eines, das die Eltern kaufen mussten, wohingegen andere Bücher in ähnlich großer Auflage vom NS-Staat kostenlos an die Eltern oder Frischvermählten verteilt wurden.

Teil 2 - Vorläufer der Schwarzen Pädagogik

Die Schwarze Pädagogik war nicht einfach plötzlich da. Genauso wenig, wie Nazis einfach plötzlich da waren. Der Weg zur Schwarzen Pädagogik begann gute 100 Jahre vor dem Dritten Reich. Anhand von Erziehungsratgebern lässt sich ein ziemlich gradliniger Verlauf von bedürfnisorientierter zu bindungsschädigender Säuglingspflege nachverfolgen. Vor allem sehen wir, dass die Ursprünge der destruktiven Erziehungsmethoden in (vermeintlich) gesundheitsfördernden Pflegeanweisungen lagen.

Teil 1 - Wie Johanna Haarer heute wahrgenommen wird

Johanna Haarer (1900-1988) war Autorin der NS-Erziehungsratgeber "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" und "Unsere kleinen Kinder". Insbesondere das erstgenannte Werk ist berühmt-berüchtigt. Es gibt einige wissenschaftliche Arbeiten zu Haarer und ihren Büchern, die darstellen, wie weitreichend ihr Einfluss war. "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" erschien erstmals 1934. Bis Kriegsende sollen nahezu 700.000 Exemplare verkauft worden sein. Die letzte Auflage von 1987 warb mit über 1 Million verkauften Exemplaren. Zudem diente es als Lehrbuch für Mütterschulungskurse und in Berufs- und Fachschulen für Kinderpflegerinnen, Kindergärtnerinnen und Jugendleiterinnen [Quelle]. Es ist also unbestritten, dass diese Bücher nachhaltig auf die Erziehung in deutschen Kinderstuben einwirkten.

Gebärstühle waren seit dem Mittelalter bei uns weit verbreitet. Mit dem Rückgang der Hausgeburten verschwanden sie für lange Zeit aus den Gebärzimmern. Doch bevor sie verschwanden, wurden sie zum Gegenstand reger Innovationslust.

"Bei uns nicht nur, sondern auch in den Gegenden von Hessen, Sachsen, Preußen, Hannover u. s. w. weiß man nichts von der Methode im Bette niederzukommen, welche in England, Frankreich und in Wien allgemeine Sitte ist, wohl aber kennt man die Gebärstühle, worauf die meisten Entbindungen vor sich gehen; (...)"
Dr. Elias von Siebold's Abhandlung über den neuen von ihm erfundenen Geburtsstuhl, Weimar, 1804

Ja, heute ist Blogtag. Nein, ich habe heute nicht gebloggt. Also nicht so, wie ich wollte. Drei Mal hab ich alles über den Haufen geschmissen. Nicht, weil ich nicht voran kam, sondern weil ich mich bei der Recherche in den Untiefen der Online-Bibliotheken verloren habe.

Als Abstillen verstehen wir den Prozess von der allerersten Gabe von Beikost bis zum allerletzten Mal Stillen. Das Abstillen kann daher über einen sehr langen Zeitraum hinweg geschehen. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt die Beikosteinführung mit 6 Monaten und Abstillen nicht vor dem 2. Geburtstag. Vor dem ersten Geburtstag abzustillen empfiehlt heute eigentlich niemand mehr.

Das war nicht immer so. Lange Zeit waren sich die Ärzte einig, dass 9 Monate nicht nur die beste, sondern die natürliche Stilldauer sei. Meist leiteten sie diese "Natürlichkeit" von der Dauer der Schwangerschaft ab. Andere Argumente für diese Zeit waren die Beendigung der ersten Zahnungsphase (die ersten 8 Zähne) oder die angebilche Unfähigkeit von Frauen, länger Milch zu produzieren.