Familienleben einst & heute

"Wohlmeynender Rath für Aeltern" aus 300 Jahren Erziehungsratgebern und wie dieser sich bis heute auswirkt.

Vor ein paar Wochen habe ich versucht, die Identität von J. von Wedell aufzudecken. Dabei bin ich auf Buch gestoßen, das ich unbedingt haben musste. Es handelt sich um ein Buch, das von Eltern für ihr Kind ausgefüllt werden kann. Es trägt den Titel "Des Kindes Chronik" und ist weit mehr als nur ein Babytagebuch. Es hat Platz für Einträge bis zum Erwachsenenalter.

Das zum Verkauf stehende Exemplar war in Teilen ausgefüllt und enthielt einige Beilagen. Es gab also nicht nur ein Buch, sondern ein Leben zu entdecken. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Nach Devillier’s Angaben starben in Paris während der Belagerung 1870/71, wo die Mütter ihre Kinder selbst zu säugen gezwungen waren, 17%, während sonst deren Sterblichkeit 33% beträgt. Und von den Kindern, die, wie es in Frankreich üblich ist, auf das Land gegeben werden, sterben bei Aufpäppelung 71%.

Besonders beliebte Zitate poste ich in unregelmäßigen Abständen gerne wieder und wieder auf den Social Media. Einige von Euch kennen daher schon das folgende Zitat. Auch im Blog könnt Ihr es finden.

Während der Belagerung von Paris im Jahre 1870/71 waren die Frauen wegen Mangels an Kuhmilch gezwungen, ihre Kinder selbst zu ernähren. Die Folge war, daß trotz der sehr ungünstigen sonstigen Verhältnisse die Säuglingssterblichkeit von 33% auf 17% sank.

Die sozialen Ursachen der Säuglingssterblichkeit, Gustav Temme, 1908

Der Dozent der Kinderheilkunde an der Universität zu Bern Dr. med. Hermann Albrecht, hielt dort im Februar 1879 einen öffentlichen Vortrag über die Ernährung nicht gestillter Säuglinge. Dieser Vortrag wurde die Vorlage für sein Büchlein Wie ernährt man ein Neugebornes Kind?, welches er als "unentbehrlichen Wegweiser für Mütter aller Stände, welche gezwungen sind, ihre Kinder ohne Muttermilch großzuziehen," bezeichnete. Darin beschreibt das Kapitel Was lehrt die Mütter die Statistik? eindrücklich die Folgen des Nichtstillens. 

In den nächsten drei Wochen dreht sich im Blog alles ums Stillen und Nichtstillen. Den Anfang machen einige Statistiken. Wir betrachten die unterschiedlichen Stillquoten von ehelich und unehelich Geborenen, die Nutzung von Ammen als Zeichen von Wohlstand, häufig genannte Gründe für das Nichtstillen, sowie die unterschiedliche Anfälligkeit für Krankheiten bei gestillten und nicht gestillten Kindern.

Eines der ersten Bücher, die ich meiner Sammlung historischer Ratgeber hinzufügte, war "Mutter und Kind. Ein Lexikon der Kinderstube". Geschrieben wurde es von J. von Wedell, die auf dem Titelblatt als Verfasserin weiterer Werke wie "Mein Haus, mein Stolz" und "Im Haus und am Herd" angepriesen wird. Das einzige Datum im Buch ist eine lateinische Zahl auf derselben Seite; sie bedeutet 1871. Laut Antiquariat war das Buch jedoch 1898 erschienen und hinter dem Pseudonym verbarg sich eine Helene Freifrau von Schroetter.

Dies ist ein Kapitel aus dem Buch Lebensführung - Eine Anleitung zur Selbsterziehung für die weibliche Jugend von Anton Heinen, 1918. 

Alte Jungfer

"Ich will keine alte Jungfer werden."

Was hast du denn dagegen einzuwenden?

In einem meiner allerersten Artikel habe ich beschrieben, wie sich das Wochenbett seit 1830 verändert hat. Das Baby wurde erst aus dem Bett, dann aus dem Zimmer der Wöchnerin verdrängt. Dies hatte nachhaltige Wirkung auf das Bonding. Treibende Kraft bei dieser Entwicklung waren die Ärzte (kein generisches Maskulinum). Umso bemerkenswerter, dass in diesem Text eines Geburtshelfers aus dem Jahr 1842 deutlich auf den positiven Einfluss des gemeinsamen Wochenbettes auf das Bonding hingewiesen wird. 

Der Tragemantel (auch Tragmantel, Kindertragemantel, Kindermantel oder Hockmantel genannt) war vor allem in Thüringen sehr verbreitet. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde er benutzt. 

Es handelte sich um eine Art zweilagiges Cape. In die äußere, kürzere Lage wurde das Kind eingewickelt, so dass es genug Halt bekam, um mit einem Arm getragen zu werden. Die innere, längere Lage wärrmte die tragende Person. Die Tragweisen waren unterschiedlich. Manchmal saß das Kind auf dem Arm. Manchmal - insbesondere, wenn es noch nicht sitzen konnte, lag es im Stoff.

Der Prediger Karl Witte war begeistert von diesem Tragemantel und lobte insbesondere die Nähe, die dieser ermöglichte.