Muttermilch ist immer gut. Sie ist beim Stillen nach Bedarf immer genau auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt. Einzig bei extrem mangelernährten Müttern ist die Qualität der Muttermilch nicht gewährleistet. In Zeiten vor modernen Laboruntersuchungen als man noch nicht mal anseitsweise wusste, was in Muttermilch alles drin ist, oder wie überhaupt Verdauung wirklich funktioniert, hatten die Mediziner ihre eigenen Ideen, woran sie die Qualität von Muttermilch beurteilen könnten.

Künstliche Nahrung für nicht gestillte Säuglinge zuzubereiten, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur richtige Arbeit, sondern es war auch schwierig, die notwendige Hygiene einzuhalten. Ein weit verbreitetes und in fast jedem Buch empfohlenes Gerät war der Soxhlet-Apparat, benannt nach seinem Erfinder Franz von Soxhlet (1848-1926).

Nichts unterlag in der Geschichte der Säuglingspflege so vielen Veränderungen wie die Beikostempfehlungen. Derzeit geistert eine Warnung vor dem ach-so-modernen Baby Led Weaning (BLW, babygeleitetes Abstillen) durch die Medien. Nicht nur gibt es BLW in seiner modernen Form schon seit ca 2002, sondern ist vielmehr die reine Brei-Beikost nur eine Mode-Erscheinung. Die ersten nationalen Beikostempfehlungen gab es eh erst im 20. Jahrhundert. Davor hat quasi jeder Arzt seine eigenen Empfehlungen ausgesprochen, auf der Basis von persönlicher Anschauung, aktuellem Wissen und regionalen Traditionen.

Wie wir alle wissen, war die Säuglingssterblichkeit früher sehr hoch. Doch wisst ihr auch, wie groß die regionalen Schwankungen waren? 1883 gibt uns Ernst Kormann folgende Statistik für die Sterblichkeit von Kindern unter einem Jahr.

Heutige Pulvermilch, oder Formula, ist glücklicherweise eine geeignete Nahrung für Babys, die nicht gestillt werden. Die ersten Versuche mit Muttermilchersatz waren da noch weit von entfernt. Hier ein kleiner Einblick in die Anfänge der Pulvermilch.

So manches Ammenmärchen hält sich ja bis heute und viele davon erscheinen auf den ersten Blick sogar logisch. Doch die folgenden glorreichen Stilltipps habt Ihr bestimmt noch nicht gehört.

Die Nachfrage regelt das Angebot. Auch bei der Muttermilch ist das so. Je häufiger ein Baby bei seiner Mama trinkt, desto mehr Milch bildet sie. Besonders das Wechselstillen ist äußerst effektiv, um die Milchmenge zu steigern. Wechselstillen bedeutet, dass während einer Mahlzeit mehrmals die Seite gewechselt wird, sobald das Kind weniger saugt. Längeres Stillen an einer Brust hat dagegen nur eine wenig steigernde Wirkung auf die Milchmenge.

Trotzdem hört man immer wieder, man solle beim Stillen Mindestabstände von zwei oder drei Stunden zwischen den Mahlzeiten einhalten. Ist da nicht vielleicht doch etwas Wahres dran, wenn diese Meinung so verbreitet ist? Meistens ist es einer der folgenden drei Gründe, der für die Abstände angeführt werden.

Vor Erfindung der Pulvermilch haben doch sicher alle Mütter gestillt, oder? Von wegen! Pulvermilch wurde erfunden, damit Mütter, die nicht stillten und sich keine Amme leisten konnten, nicht gepanschte Tiermilch geben mussten. Die verwendeten Mixturen waren aufgrund ihrer Zusammensetzung und der mangelnden Hygiene so schädlich, dass nicht gestillte Kinder teilweise 12-mal häufiger starben als gestillte.

Bis heute hält sich hartnäckig die These, dass es wichtig sei, beim Stillen bestimmte Abstände einzuhalten. Das ist Unsinn. Wieviel Milch die Mutter bildet, ist abhängig vom Bedarf des Kindes. Nur wenn das Kind den Zeitpunkt des Stillens selbst bestimmen darf, regelt sich die Milchmenge nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Stillen nach festen Zeitplänen oder Mindestabständen führt meistens zu Milchmangel. Darum hatten auch in den 1970er und 1980er Jahren fast alle Frauen zu wenig Milch.